Der Bussard über uns

SWF/NDR
Erstsendung: 19.01.1963
Regie: Peter Schulze-Rohr

Hörspiel von Margarete Jehn

Jascha Jürgen Goslar
Bussard Siegfried Wischnewski
Schlaf Hellmut Lange
Sandmann Fritz Rasp
Frauenstimme Henni Schneider-Wenzel
Kinder Sabine Rosengarten, Thomas Rosengarten, Nikolaus Schurmann
Unteroffizier Dieter Eppler
Mütter Annette Roland, Else Hackenberg, Haidy Jacobi

Das Hörspiel verquickt Traumvisionen mit realem Geschehen, die Fabel aber ist einfach und klar: Eine kleine Schar von Kindern ängstigt sich im Luftkrieg, ein russischer Gefangener nimmt ihnen die Angst mit seinem Balalaikaspiel.
Die Kinder sehen in ihm - trotz ideologischen Trills - nicht den Feind, sie hängen an ihm, und als er in ein großes Lager "jenseits des Flusses" verlegt wird, folgen sie ihm und ertrinken. Diese Fabel ist aber auf eine ganz eigentümliche, empfindsame Weise sublimiert und überhöht.
Ein denaturiertes Sandmännchen etwa - Zeichen dafür, dass unsere Träume anders geworden sind und anders werden müssen - bedrängt die Kinder mit den Ängsten und mit den strengen Vorschriften jener Jahre, aber was die Kinder zu plappern lernen, dringt nicht in sie ein, sie kennen nicht den Feind. Die Verwebung verschiedener Erlebnis-Ebenen mit dem Kinderlied, mit Balalaika-Klängen und kontrastierenden akustischen Elementen ist auf eine ganz originäre Weise gelungen.

Entschließung der Hörspielpreis-Jury:

Der Hörspielpreis der Kriegsblinden für das Jahr 1964 ist der in Beckedorf bei Bremen lebenden jungen Schriftstellerin Margarete Jehn für ihr erstes Hörspiel „Der Bussard über uns” zuerkannt worden.
Die Jury, die im Saarbrücker Funkhaus tagte, hat sich mit 15 von 18 Stimmen für diese Gemeinschaftsproduktion des Südwestfunks und des Norddeutschen Rundfunks, erstgesendet im Januar 1963, entschieden. Im Mittelpunkt der Debatte standen zuletzt auch die Hörspiele „Kreuzverhör” von Rolf Schroers (Radio Bremen) und „Der Sprachkursus” von Hermann Moers (Süddeutscher Rundfunk).
Margarete Jehns Hörspiel - wahrhaft eine Funkdichtung - überzeugt durch die sprach- und bildkräftige Phantasie, mit der im Erleben von Kindern Hassen und Kriegssnot ad absurdum geführt werden. Mit überraschend poetischen Mitteln stellt die Autorin die Überwindung von Grauen und Angst durch die liebende Zuwendunq zum Nächsten dar, ohne den Schrecken zu verharmlosen.
Der Text wurde in der Regie von Peter Schulze-Rohr und mit der Musik von Peter Zwetkoff zu einer hervorragenden, nur mit den Möglichkeiten des Rundfunks erreichbaren kompositorischen Einheit gefügt.

Das Hörspiel